Die Untersuchungshaft ist ein kompliziertes und zugleich interessantes Gebiet. Es ist immer wieder zu beobachten, dass die Haftrichter einen Haftbefehl viel zu schnell ausstellen und sich keine Gedanken darüber machen, welchen Eingriff dies für den Betroffenen bedeutet.
Aus diesem Grunde wird seitens der Strafverteidiger immer wieder darum gekämpft, den Mandanten aus der Untersuchungshaft herauszuholen, damit sie zumindest bis zur Hauptverhandlung auf freiem Fuß sind. Dies gibt dem Mandanten zudem die Möglichkeit, z. B. eine Therapie zu machen, zu arbeiten, sich um eine Wohnung zu kümmern und vieles mehr.
Für den Rechtsanwalt stellt sich stets die Frage, wie ein Haftbefehl aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt werden kann. Während die Gerichte sich relativ leichttun und in der Regel „Fluchtgefahr“ als Haftgrund bejahen, steht der Rechtsanwalt vor einer schwierigen Aufgabe: Er muss das Gericht davon überzeugen, dass der Haftbefehl nicht erforderlich ist.
Es gibt immer wieder Gerichtsentscheidungen von höheren Gerichten, die sich gewinnbringend verwerten lassen:
Sehr viele Urteile befassen sich mit der Frage, ob die Untersuchungshaft zu lange dauert, oder das eigentliche Verfahren verzögert wird. In Haftsachen gilt der sogenannte Beschleunigungsgrundsatz: Wenn der Betroffene in Haft sitzt, muss das Verfahren sehr schnell betrieben werden. Das gelingt jedoch nicht immer!
Teilweise behelfen sich die Gerichte damit, dass zunächst die Anklage zugelassen wird, dann für „irgendwann“ ein Termin angesetzt wird und dann möglicherweise noch über einen sehr langen Zeitraum verhandelt wird.
Dem hat der Bundesgerichtshof einen Riegel vorgeschoben: Wenn die Untersuchungshaft neun Monate andauert, reicht es nicht aus, dass über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden wird. Auch muss zeitnah verhandelt werden, d. h. der erste Termin stattfinden. Es reicht in einem solchen Fall nicht aus, wenn das Hauptverfahren zwar eröffnet wird, die Hauptverhandlung jedoch erst etwa sechs Monate später beginnen soll (BGH, 17.12.2019, AK 60/19).
Fazit: Verfahrensverzögerungen sind immer ein guter Anhaltspunkt, um gegen einen Haftbefehl vorzugehen. Wenn gegen den Betroffenen schon ein Haftbefehl verhängt wird, so muss das Verfahren auch zügig durchgeführt werden. Auch genügt es nicht, wenn das Gericht argumentiert, die Richter seien alle überlastet, krank, schwanger o. ä. Zu derartigen Situationen liegen bereits Gerichtsentscheidungen vor, aus denen sich ergibt, dass mit derartigen Begründungen das Verfahren nicht verzögert werden darf. In einer solchen Situation kann der Rechtsanwalt erwirken, dass sein Mandant freigelassen wird.