Seit vielen Jahren ist die Justiz völlig überlastet. Verfahren ziehen sich sehr lange hin, Akten werden teilweise erst nach vielen Wochen herausgegeben und Betroffene leiden darunter, dass ihr Verfahren nicht zu einem Abschluss gebracht wird.
Diese Situation hat sich durch Corona noch verschärft. In 2020 wurde die Strafjustiz teilweise heruntergefahren, sodass weniger verhandelt wurde. Einige Gerichte haben Verfahren sogar unterbrochen oder ausgesetzt.
Seit Jahren wird seitens der Justiz kritisiert, dass zahlreiche weitere Richter und Staatsanwälte benötigt werden, um der wachsenden Zahl an Strafverfahren überhaupt Herr werden zu können. Seitens der Ministerien werden jedoch nicht ausreichend weitere Stellen zur Verfügung gestellt.
Das führt dazu, dass Strafverfahren immer länger dauern und die durchschnittliche Dauer von Beginn bis Ende des Verfahrens bei den Landgerichten mittlerweile fast zwei Jahre dauern.
Das führt in der Praxis dazu, dass sogar in Haftsachen die Ermittlungsakte teilweise erst nach mehr als drei Wochen überlassen wird. Dies entspricht nicht der geltenden Rechtslage, wonach bei Haftsachen die Akte sofort an den Verteidiger herausgegeben werden muss.
Leider gehen Mandanten oft davon aus, der Anwalt kümmere sich nur nicht richtig um den Fall – und deswegen gehe nichts vorwärts.
Für den Rechtsanwalt stellt sich jedoch das Problem, dass er die Akteneinsicht nur beantragen kann. Solange die Staatsanwaltschaft die Akte nicht herausgibt, kann der Anwalt nichts machen. Anders ist dies freilich in Haftsachen, dann besteht ein Anspruch auf sofortige Herausgabe der Akte.
Wenn jedoch der Betroffene nicht in Untersuchungshaft ist, kann die Staatsanwaltschaft die Herausgabe der Akte teilweise um mehrere Monate herauszögern. Der Anwalt hat keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen, da der alte Satz gilt „die Staatsanwaltschaft ist Herrin des Ermittlungsverfahrens“.
Folge davon ist allerdings auch, dass in den letzten fünf Jahren nach Angabe der Justizverwaltungen mehr als 250 Verdächtige aus der U-Haft entlassen werden mussten, weil die Verfahren nicht schnell genug vorangingen.
Für den Rechtsanwalt besteht also die Möglichkeit, die Überlastung der Justiz zu nutzen und das Verfahren durch die richtigen Anträge zu einem schnellen Abschluss zu bringen.
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie werden die Verfahren immer häufiger durch Strafbefehl, also ohne Gerichtsverhandlung, erledigt. Dies ist eine Chance, die man nutzen kann.