Anfang Oktober 2019 fand eine Vorführung beim AG Würzburg wegen eines Drogendelikts statt. Da es sich um einen Samstag handelte, hatte der Beschuldigte sich an den Strafverteidigernotdienst für Würzburg gewandt.
Im Rahmen der Vorführung wurde u.a. mitgeteilt, dass dem Beschuldigten Haare und eine Speichelprobe genommen werden sollen. Die Frage des Rechtsanwaltes, wofür das erforderlich sei, wurde zunächst gar nicht beantwortet. Auf weitere Nachfrage wurde mitgeteilt, dass über die Haarprobe der eigene Drogenkonsum des Mandanten festgestellt werden soll. Die Frage nach der Begründung für die Speichelprobe bliebt zunächst weiterhin unbeantwortet. Ein Polizeibeamter teilte sodann dem Gericht im Rahmen der (eigentlich nicht öffentlichen!) Vorführung mit, dass vom Beschuldigten wohl noch alte Daten existieren müssten, so dass man die Speichelprobe vielleicht gar nicht brauche.
Wir drängten erneut auf die Beantwortung der Frage, wofür eine Speichelprobe überhaupt erforderlich sei. Erst auf mehrfache Nachfrage wurde mitgeteilt, dass eine Speichelprobe ja auch zur Entlastung des Beschuldigten beitragen könne.
Weiterhin wurde beantragt, dass der anwesende Rechtsanwalt dem Beschuldigten als Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Seitens der Staatsanwältin wurde daraufhin eingewandt, der Beschuldigte habe doch Geld, so dass er keinen Pflichtverteidiger brauche. Erst auf Hinweis des Strafverteidigers, dass sich aus §§ 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO eindeutig ergeben, dass im Falle der Untersuchungshaft ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist, wurde dem Beiordnungsantrag stattgegeben.
Der Vorgang zeigt sehr anschaulich, welche erschreckenden Züge die Praxis bei Gericht teilweise angenommen hat. Zum einen versucht die Staatsanwaltschaft teilweise dem Beschuldigten, dem nach dem Gesetz ein Pflichtverteidiger im Falle der Untersuchungshaft eindeutig zusteht, diesen Pflichtverteidiger vorzuenthalten.
Zum anderen werden viele Beschlüsse einfach vom Gericht erlassen, ohne die Grundlage zu hinterfragen. Nachfragen der Verteidigung werden teilweise als ärgerliches Übel angesehen. Dies hat seine Ursache darin, dass viele Rechtsanwälte die Entscheidungen des Gerichts einfach „abnicken“, teilweise auch, um beim Gericht nicht negativ aufzufallen. Dies entspricht jedoch keinesfalls den Interessen des Beschuldigten, sondern stellt einen Verrat seiner Interessen dar.
Der Vorgang zeigt weiterhin, dass eine solide Strafverteidigung unmittelbar nach der Verhaftung beginnt. Bereits hier ist entscheidend, wie in die Rechte des Beschuldigten eingegriffen wird und welche Angaben der Beschuldigte macht.